Weihnachten war heute für Fans der Fernsehserie „Sherlock“ nicht am 24. Dezember, sondern am 1. Januar. Denn an diesem Abend brachte die britische BBC die lang erwartete dritte Staffel auf den Bildschirm. Wer die erste Folge „The Empty Hearse“ sehen konnte (die entsprechenden Möglichkeiten wurden unter den Fans vorher ausgetauscht), erlebte die besten eineinhalb Stunden Unterhaltung, die die Macher bisher produziert haben.
Dass Sherlock Holmes seinen Sturz vom Dach des St-Bart’s-Krankenhaus überlebt hatte, wissen die Zuschauer seit der letzten Szene aus „Der Reichenbachfall“, die hierzulande in der ARD gezeigt wurde. Doch wie hat es der Detektiv geschafft, wer hat ihm geholfen und wie würde die Wiederbegegnung mit John Watson aussehen? Fragen, die seit zwei Jahren unter den Fans akribisch diskutiert wurden und die nicht alle wirklich beantwortet wurden. Ohne aber allzu viel zu verraten: Natürlich würde der moderne John Watson nicht wie in der Vorlage von Sir Arthur Conan Doyle mal eben kurz ohnmächtig werden und sich dann wie selbstverständlich mit Sherlock Holmes in das nächste Abenteuer stürzen. Das haben die beiden Autoren Steven Moffat und Mark Gatiss schon im Vorfeld in verschiedenen Interviews erklärt.
Mehr Action, mehr Witz, mehr Gefühl
Doch was Mark Gatiss, der auch Sherlocks Bruder Mycroft spielt, mit dieser Folge auf den Schirm bringt, ist schlicht genial. „The Empty Hearse“ ist schneller, hat mehr Action, aber auch viel Witz,und eine ganze Reihe an Situationskomik, die nicht zuletzt auch durch zahlreiche Anspielungen entsteht, die eine Verbeugung sind vor den Fans, die ihrer Leidenschaft mit allem Herzblut nachgehen. Die Art und Weise wie John und Sherlock wieder zueinander finden, rührt zu Tränen und ist nicht mit einer einfachen Entschuldigung getan. Denn die würde den Charakteren so wie sie sich in den ersten beiden Staffeln entwickelt haben, nicht gerecht.
Benedict Cumberbatch und Martin Freeman beweisen als Sherlock Holmes und John Watson ihre schauspielerische Extraklasse. Dass sie beide mit Leidenschaft bei der Sache sind und mindestens so viel Spaß bei den Dreharbeiten gehabt haben müssen, wie die Zuschauer vor dem Schirm, spürt man in jeder einzelnen Szene. Nach dem weltweiten Erfolg beider Schauspieler in verschiedenen Filmen* hat der Reiz der modernen und mit viel Liebe zum Original gemachten Adaption der Sherlock-Holmes-Abenteuer offenbar für beide nicht an Reiz verloren.
Diesen Reiz übt „Sherlock“ auf alle Darsteller aus. Mark Gatiss‘ Mycroft Holmes ist sarkastischer und spitzfindiger denn je (gut gekleidet ist er ohnehin). Una Stubbs wechselt als Mrs Hudson von Ärger und Trauer hin zu übersprühender Freude als sie „ihre Jungs“ wieder zusammen sieht. Und: Sie ist immer noch die Vermieterin (Nicht die Haushälterin!).
Rupert Graves als Inspektor Greg Lestrade und Jonathan Aris als Forensiker Philipp Anderson (der eine überraschende neue Leidenschaft entwickelt hat) haben mit der Rückkehr Sherlocks ihren Lebensmittelpunkt wieder gefunden. Dass Molly Hooper (liebenswert: Louise Brealey) schon immer eine wichtige Stütze für Sherlock war, wird endlich ganz deutlich.
Neu in der Sherlock-Familie ist Mary Mostan, die neue Frau an der Seite von John Watson, hinreißend trocken und witzig gespielt von Amanda Abbington, der man ohne Bedenken abnimmt, dass sie John nach dem vermeintlichen Tod Sherlocks eine liebevolle Stütze ist. Dass sie und Martin Freeman seit vielen Jahren ein Paar sind, sei nur der Vollständigkeit halber hinzugefügt.
Wem die Zeit bis zur deutschen Ausstrahlung in der ARD, die wohl für Mai/Juni geplant ist, zu lang wird, dem seien die DVDs der ersten beiden Serien empfohlen. Die der dritten Staffel ist im Original bereits erschienen. Sie hat weder eine deutsche Tonspur, noch deutsche Untertitel! Die synchronisierte Version ist vorbestellbar.
[Update: Die erste Folge der dritten Staffel „Der leere Sarg“ strahlt die ARD am 29. Mai aus ]
* Benedict Cumberbatch war im vergangenen Jahr in „Star Trek – Into Darkness“, „Inside Wikileaks“ im Kino zu sehen. Für 2014 stehen die Starts von „12 Years A Slave“ (Januar), „August: Osange County“ (März) und „Imitation Game“ (wohl Ende 2014) an.
Martin Freeman ist gerade als Bilbo Beutlin im zweiten Teil von „Der Hobbit“ in den deutschen Kinos, Benedict Cumberbatch gibt dem Drachen Smaug im englischen Original seine Stimme, in der deutschen Synchronisation sehen die Zuschauer aber immerhin seine Animation des riesigen Ungeheuers. Martin Freeman war außerdem im ersten Teil von „Der Hobbit“ (2012), „World’s End (2013) im Kino zu sehen. In diesem Frühjahr ist ein TV-Remake des Kinofilms „Fargo“ geplant.
[Update: „Fargo“ läuft in den USA und Großbritannien momentan als Fernsehserie]