Besserwisser hat es schon immer gegeben. Daher ist es etwas unfair, sie mit Hamlet in einem Satz zu erwähnen. Noch dazu in der Überschrift. Aber es passt so schön – und ist natürlich nichts weiter als eine Google-Honig-ums-Maul-Schmiererei, um mehr Klicks auf diesen Blogeintrag zu bekommen.
Hamlet passt deshalb so gut, weil es vielleicht das bekannteste Stück William Shakespeares ist, und weil gerade Benedict Cumberbatch im Londoner Barbican Theatre nahezu täglich auf der Bühne steht. Genau das aber scheint für so manche Kulturexperten das Problem zu sein. Denn der britische Schauspieler, der durch seine Rolle in der BBC-Serie „Sherlock“ auch bei uns bekannt wurde und zuletzt in „The Imitation Game“ im Kino zu sehen war, hat Fans, die keine Kosten und Mühen scheuen, ihn zu sehen. Nun sollte es Beobachtern (oder sollte ich Außenstehenden schreiben?) egal sein, wofür man sein schwer verdientes Geld ausgibt. Und stundenlanges Anstehen für Karten oder am Roten Teppich, um ein Autogramm zu bekommen, ist nicht jedermanns Sache. Aber sollte nicht jeder nach seiner Fasson selig werden, solange andere dabei nicht zu Schaden kommen?
Das erste Mal
Doch ganz offenbar ist das mit dem „zu Schaden kommen“ so eine Sache. Denn noch bevor sich der Vorhang im Theater das erste Mal hob, gab es für kulturelle Besserwisser mehr als genug zu kritisieren: Sämtliche Tickets für alle Vorstellungen waren innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Und das nur, weil die Fans Benedict Cumberbatch sehen wollen. Diese Fans können sich nicht benehmen. Sie schreien, sie freuen sich und brechen schon mal in Tränen aus, wenn ihr Idol lächelt oder gar mit ihnen redet. Schlimmer noch: sie haben keine Ahnung von Hamlet, von Shakespeare, und es soll tatsächlich welche geben, die noch nie (!!!) im Theater waren! Alles in allem sind solche Leute wenn nicht der Untergang des Abendlandes, so doch mindestens eine Bedrohung für die Kultur an sich, was im Grunde genommen genau das Gleiche ist. Schlimm genug, wenn solche Meinungen gepostet und damit in die Weiten des Internets geplärrt werden. Gänzlich unerträglich wird es aber dann, wenn Kulturexperten sich schreibend zum Hüter des Heiligen Grals ernennen (vorzugsweise in einer möglichst elitären Sprache) und über Leute die Nase rümpfen, die sie anhand von Satzfetzen oder aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten zu kennen meinen. Selbstverständlich halten es die wenigsten von ihnen für nötig, mit Fans zu reden – ob sie das Gehörte oder Gelesene richtig wiedergeben ist dann noch mal eine ganz andere Sache.
Was ist schlimm daran, sich für einen Schauspieler zu begeistern?
Was bitte, ihr Besserwisser, ist so schlimm daran, dass Menschen sich für einen Schauspieler begeistern? Liegt es daran, dass es nicht um Fußball geht und es viele weibliche Fans sind? Frauen (ja Frauen!), erwachsene Frauen mit Jobs, Familie, also mit einem richtigen Leben, in dem Benedict Cumberbatch zwar eine wichtige, aber nicht die alles entscheidende Rolle spielt. Die weltweit Freundschaften schließen, sich treffen und bereit sind, Neues auszuprobieren – sei es eine Stadt zu entdecken, eine fremde Sprache zu sprechen, ein Buch zu lesen, einen Film zu sehen oder ins Theater zu gehen.
Hört einfach auf, anderen zu sagen, was sie zu tun und zu lassen haben, auch und gerade wenn es um Kultur geht. Denn es ist nichts Schlimmes daran, wenn man das erste Mal ins Theater geht, das erste Mal Shakespeare liest oder sieht. Und es ist nichts Schlimmes daran, Benedict-Cumberbatch-Fan zu sein.