Allein die Tatsache, dass John Irving mit 80 Jahren einen neuen Roman – seinen insgesamt 15. – veröffentlicht hat, ist für alle Literaturinteressierte eine wichtige Nachricht. Und einen Blogeintrag wert, auch wenn ich kein Irving-Fan bin, was – so viel sei schon mal verraten – ich auch nach diesem Buch nicht sein werde.
„Sie schnarcht, er furzt“, sagte ich.
„Bei mir wär’s wegen der drei Brüste“, sagte der Schneeläufer.
John Irving schüttet in „Der letzte Sessellift“ ein ganzes Sammelsurium an Familien- und Lebensgeschichten wie Puzzleteilchen auf einem großen Tisch aus, die dann auf 1079 Seiten wieder zusammengesetzt werden. Zu diesen Teilchen gehören: eine Kleinstadt in New England, unkonventionelle Charaktere, einen Schriftsteller, Sex und Sexualität. Und aus all diesen Einzelteilen erzählt der Ich-Erzähler Adam Brewster sein Leben, das sich von den 1940er Jahren bis fast in die heutige Zeit erstreckt. Seine Mutter, Little Ray, ist Skilehrerin und in einer Beziehung mit Molly. Doch aus Konventionen heraus heiratet sie Mr. Barlow, der oder vielmehr die im Laufe des Romans als Frau lebt.
„Die hassen mich sicher, dachte ich. Bestimmt hat man sie gezwungen, meine Romane zu lesen, als sie noch viel zu jung dafür waren.“
Dass Lebensgeschichten und familiäre Verästelungen umfangreich ausgebreitet werden, ist weder neu noch muss das per se langweilig sein. Ian McEwan hat das erst in seinem jüngsten Roman „Lektionen“ bewiesen. Doch John Irvings Figuren bleiben seltsam flach, ihre Schicksale zu uninteressant, als dass man unbedingt mehr über sie wissen oder gar echte Gefühle für sie entwickeln könnte. Das mag auch daran liegen, dass der Stil platt, und die einzelnen Sätze eher unverbunden nebeneinander zu stehen scheinen.
„Der letzte Sessellift“ ist etwas für John-Irving-Fans, die jedes seiner Bücher lesen, egal welches Thema sie behandeln. Alle anderen werden enttäuscht sein.
John Irving: Der letzte Sessellift. Diogenes, 36 Euro.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.