Website-Icon DieBedra

Tolino – offen, aber nicht so ganz

Eigentlich wollte ich nur mein Abo der Süddeutschen Zeitung umstellen. Weil ich werktags nur querlese und nur die für mich wichtigsten Artikel ganz lese, haben mir seit einiger Zeit die unaufgeblätterten Zeitungsseiten leid getan. Umstellen auf ein Digitalabo, mit der gedruckten Zeitung am Freitag und am Wochenende schien mir eine praktische Alternative. Zumal ich ja ohnehin mein Handy immer griffbereit habe und mein Nexus 7 (mit den entsprechenden Apps) als E-Book-Reader gerne mag. „Wir hätten aber gerade einen Tolino Shine im Angebot“, sagte die freundliche Dame am SZ-Telefon. „Oh! Einen Tolino“,  dachte ich. Hatte ich schon mal in der Hand und fand ihn putzig. Zumal mein Kindle Alterserscheinungen zeigt und ich in letzter Zeit wenig Bücher darauf gelesen habe. Und außerdem werben die beteiligten Verlage damit, dass der Tolino offen sein, man also Bücher darauf lesen könne, egal wo man die heruntergeladen hätte.

In der Praxis allerdings erweist sich das leider als nicht so einfach. Zwar wird der Tolino von meinem Linux-Rechner erkannt und ich kann auch Bücher, die ich beispielsweise bei Google Play Books gekauft und heruntergeladen habe, darauf kopieren. Vorausgesetzt – und das ist der Haken – die Bücher haben keinen DRM-Schutz, der das Kopieren von elektronischen Büchern verhindern soll. Was gut gemeint und im Grunde richtig ist, wird aber im normalen Leben zum Irrsinn. Es ist reicht nämlich nicht, sich in einem Online-Shop (in meinem Fall Hugendubel) zu registrieren, um Bücher zu kaufen und auf dem Reader lesen zu können. Nein, man muss sich zusätzlich bei Adobe anmelden und eine ID dort anlegen. Wohlgemerkt wenn ich entsprechend geschützte Bücher, die ich per Tolino heruntergeladen habe, darauf lesen will. Dass das leichter geht, zeigt Amazon mit seinem Kindle (oder der App) und Googles Play Books. Bei beiden funktioniert die Anmeldung über den jeweiligen Account. Ein bei Amazon bestellter Kindle kommt gleich mit der entsprechenden Anmeldung. Das Kaufen und Herunterladen von Büchern auf das jeweilige Gerät funktioniert anschließend problemlos.

Natürlich sind alle Händler daran interessiert, dass Kunden dem eigenen Laden treu bleiben. Doch die versprochene Offenheit ist wenn überhaupt nur in Einschränkungen vorhanden. Ein bei Google gekauftes und heruntergeladenes Buch mit DRM-Schutz zeigt mein Tolino zwar an. Lesen geht aber trotz vorhandener Adobe-ID nicht, weil der Tolino meint, er könne nicht per Wlan ins Internet und sich mit einem Streaming-Fehler weigert, das Buch zu öffnen. Die umständliche Alternative, das Buch über Adobe Digital Editions zu öffnen, scheitert für mich als Linux-Nutzerin daran, dass das Programm nicht für das offene Betriebssystem zur Verfügung steht.

Der Tolino an sich ist eine gute Alternative zu einem Kindle. Und gegenüber einem Tablet hat er den Vorteil, leichter und mit einem scheinbar nicht leer werdenden Akku ausgestattet zu sein. Das Versprechen, alle Bücher, egal wo sie gekauft wurden, auf dem Tolino lesen zu können, gilt aber nicht uneingeschränkt. Oder ist zumindest mit technischem Gefummele verbunden, das nicht jeder leisten kann oder will.

Mein Tolino – schlafend Foto: Petra Breunig
Die mobile Version verlassen