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Donna Leon: Flüchtiges Begehren

Foto: Petra Breunig

Foto: Petra Breunig

Nein, Brunetti hat sich nicht verändert. Er ist natürlich älter geworden, immerhin ist „Flüchtiges Begehren“ der 30. Fall für den venezianischen Commissario. Mit ihm sind nicht nur seine Fans älter geworden, sondern natürlich auch seine Familie. Wie könnte das besser dokumentiert werden als mit einem Klassentreffen, bei dem Brunetti am vorherigen Abend war. Offenbar hat er zu viel Grappa getrunken – und ist deshalb jetzt, am Morgen als wir ihn wieder treffen, in einer „wehleidigen Verfassung“. Dennoch macht er sich tapfer, wenn auch widerwillig auf den Weg in die Questura. Dort muss er sich bald mit zwei verletzten amerikanischen Studentinnen beschäftigen, die bewusstlos vor einem Krankenhaus gefunden wurden.

„Auf dem Weg zur Questura kehrte Brunetti bei Rizzardini ein, bestellte Kaffee und eine Brioche.“

Mit dem Jubiläumsfall legt Donna Leon einen Roman vor, der die Entwicklung fortschreibt, die in den vorherigen angelegt wurde. Wieder sind Umweltverschmutzung, Massentourismus und Gleichberechtigung wichtige Themen. Allerdings ist hier nicht immer klar, wer beispielsweise das vorbeifahrende Kreuzfahrtschiff als „Hexe der Zerstörung“ bezeichnet: Guido Brunetti? Claudia Griffoni? Donna Leon selbst? Diese Exkurse jedenfalls bringen die Handlung nicht weiter, was durchaus legitim ist. Allerdings wirken sie nicht nur in diesem Beispiel zu oft wie misslungene Kommentare eines allwissenden Erzählers, der unvermittelt auftritt, um dann ebenso überraschend wieder zu verschwinden.

„Er konnte Leute nicht ausstehen, die sich rücksichtslos überall durchsetzten.“

Nicht, dass Donna Leon nicht in der Lage wäre, ihre Figuren Stellung beziehen zu lassen. Schließlich kann sich Brunetti durchaus selbstkritisch eingestehen, dass er seiner ansonsten von ihm sehr geschätzte Kollegin Griffoni bei einem gemeinsamen Interview nicht eben diese Wertschätzung entgegenbringt, sondern in männliche Stereotype verfällt. Das ist glaubhaft für die Figur eines Commissario, dessen Frau Paola Professorin für englische Literatur ist und der man nicht zu nahe tritt, wenn man sie als emanzipierte Frau mit feministischen Ansichten bezeichnet.

„Flüchtiges Begehren“ ist eine gute wenn auch nicht überragende Fortsetzung der Reihe. Lesenswert ist der 30. Fall für Guido Brunetti dennoch.

Donna Leon: Flüchtiges Begehren. Diogenes, 24 Euro
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.

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