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Donna Leon: Ein Sohn ist uns gegeben

Foto: Petra Breunig

Was macht ein reicher Kunsthändler mit all seinem Besitz, wenn er niemanden hat, der sein Erbe antreten kann? Plant Gonzales Rodríguez de Tejeda seine Reichtümer einem jungen Mann zu hinterlassen, mit dem er in Venedig gesehen wurde? Guido Brunettis Schwiegervater Conte Falier macht sich Sorgen um seinen langjährigen Freund Gonzales, zumal ihm weder dessen Lebenswandel noch die Beziehung zu dem jungen Mann geheuer sind. Und wie das in Venedig so üblich ist, bittet der Conte Brunetti um Hilfe, der wiederum seine befreundeten Polizeikollegen, allen voran Sekretärin Elettra, bei diskreten Nachforschungen über das Privatleben Gonzales‘ einschaltet. Doch es geht viel mehr als um die Frage, wer denn nun wann was getan hat. Brunetti sieht sich mit grundsätzlichen gesellschaftlichen  und zutiefst menschlichen Fragen konfrontiert, für dessen Beantwortung er wie immer seine Frau Paola und klassische Literatur zur Rate zieht.

„Weil er über achtzig ist und sich in einem Mann verknallt hat, der deutlich jünger ist? Was ist so schlimm daran?“

Neben den aus anderen Brunetti-Romanen bekannten Themen wie Umweltverschmutzung und Venedig-Tourismus beschäftigt sich „Ein Sohn ist uns gegeben“ auch mit den Werten, die eine Gesellschaft definieren und wie sie in diesem Fall auf die Liebe zwischen homosexuellen Männern reagiert. Denn, so fragt Griffoni ihren Kollegen Brunetti, würde es einen Unterschied machen, wenn Gonzales sich in einen gleichaltrigen Mann verliebt hätte? Weshalb soll bei dieser Beziehung nicht tatsächlich Liebe und nicht nur sexuelle Begierde im Spiel sein? Und Brunetti wiederum fragt sich, wie er reagieren würde, wenn es sich um eine Beziehung zwischen Heterosexuellen handeln würde.

Auch im mittlerweile 28. Fall für den venezianischen Kommissar findet der Leser all das, was er im Laufe der Jahre zu schätzen gelernt hat: Brunettis Familie, die immer noch zusammen lebt und nicht nur bei den gemeinsamen Mahlzeiten miteinander redet; die Questura mit den Kollegen Vianello, Griffoni, Elettra und dem Vorgesetzten Vice-Questore Patta und natürlich Venedig mitsamt der italienischen Lebensart. Hat man den Roman gelesen, kann man ihn mit einem beruhigenden Seufzer und dem Gefühl weglegen, dass in Brunettis Welt die Dinge ihren richtigen Gang gehen.

Tipp: Wer noch nie einen Brunetti-Roman gelesen hat, sollte nicht irgendwo einsteigen, sondern tatsächlich mit dem ersten  Fall „Venezianisches Finale“ beginnen. Alle Bände sind bei Diogenes erschienen.

 

Donna Leon: Ein Sohn ist uns gegeben. Diogenes, 24 Euro.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.

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