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Ewald Arenz: Zwei Leben

Foto: Petra Breunig

Roberta soll den elterlichen Bauernhof übernehmen. Zwar ist sie „nur“ eine Tochter, aber dass der Hof weitergeführt wird, das hat sich über Jahrzehnte nicht geändert. Weshalb sollte es dann jetzt, im Süddeutschland der 1970er Jahre anders sein? Und weshalb sollte Robertas Schneiderlehre, für die sie das Dorf verlassen und sogar in einer Fabrik gearbeitet hat, daran etwas ändern?

„Wie willst du denn hier die Kleider machen, von denen du mir erzählst?“

Genau das aber tut es. Denn Roberta merkt, dass das Schneidern und vor allem das Entwerfen von Kleidung – seien es Kleider oder Männerhemden – ihr nicht nur Freude bereitet, sondern sie auch befriedigt. Und dass der für sie vorgezeichnete Lebensweg nicht ihrer ist.

„Jedes einzelne (Buch) wie eine Bühnentür in eine unechte Welt.“

Ähnliche Gedanken hegt auch Gertrud, die Frau des Dorfpfarrers, die das Leben in der kleinen Gemeinschaft als einengend, kalt und dunkel empfindet, als würde sich der  Hochsommer nie wirklich gegen den Winter durchsetzen können.

Ewald Arenz neuer Roman „Zwei Leben“ nimmt die Leserin einmal mehr mit in die nicht allzu ferne deutsche Vergangenheit. Eine Zeit, die zwar vom Aufbruch und Rebellion gekennzeichnet war, deren geänderte Stimmung aber das ländlich, dörflich geprägte Süddeutschland wenn überhaupt nur mit Verzögerung erreichte. Zu festgefahren waren dort die Strukturen, zu sehr waren die Bauern in den alltäglichen Rhythmus eingebunden, der von der Natur, den Jahreszeiten und den Arbeiten auf Feld und im Stall geprägt war.

„Du hast das doch jetzt gelernt. Die sind alle zum Ausbessern. Aufgehoben, damit sie ordentlich gemacht werden.“

Nicht überraschend sind es wie oft bei Arenz die Frauen, die nicht mehr bereit sind, sich in die von Männern bestimmte Gesellschaft zu fügen, in der ihnen außer Kinder, Küche, Kirche nur noch die immer gleiche, nie enden wollende Arbeit bleibt. Wie sie sich behaupten, wie sie ihre Entscheidungen treffen und schließlich ihren Weg finden, das erzählt Ewald Arenz in einer Sprache, die einem die Figuren von der ersten Seite an ans Herz wachsen lassen. „Zwei Leben“ ist einer dieser Romane, an den man sich noch lange erinnert.

Ewald Arenz: Zwei Leben, Dumont, 25 Euro.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.

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