Wiedersehen mit einem alten Freund

Ich bekenne: Max Frisch begleitet mich schon ziemlich lange, seit unserer ersten Begegnung im Grundkurs Deutsch. Mit ihm habe ich Abitur gemacht, studiert und alle akademisch-literarischen Verschwurbelung und tiefgründige Analysen haben nichts daran geändert, dass ich Max Frischs Werk immer noch liebe. (So ähnlich wie das von Siegfried Lenz, aber das ist eine andere Liebeserklärung.)

Das Journal ist bei Suhrkamp erschienen
und kostet 20 Euro. Foto: pb

Da kommt es mir gerade recht, dass seit Kurzem „Aus dem Berliner Journal“ greifbar ist. Ein wahrer Schatz aus dem Nachlass des großen Schweizer Autors, der selbst verfügt hat, dass das Journal erst 20 Jahre nach seinem Tod veröffentlicht werden dürfe. Und so wurde im April 2011 – wie im Nachwort zu lesen ist – der Banksafe geöffnet, in denen sich die fünf Ringbücher befanden, die jetzt in Auszügen vorliegen und den Zeitraum von 1973 bis 1980 umfassen.

„Ich schreibe, 
um zu arbeiten.“

Schon nach den ersten Zeilen ist klar: es ist der unverwechselbare, geliebte Max Frisch, der hier gewohnt schnörkellos schreibt, voller Zweifel ist und ohne Illusionen: „Es gelingt mir fast nichts. Täglich sechs bis acht Stunden schreibend, ein hohes Vergnügen dabei. Meistens brauche ich es nicht einmal wiederzulesen, um zu wissen, dass alles unbrauchbar ist.“ Ein Selbstzweifel, der schon bei den früheren Tagebüchern deutlich wurde und der angesichts dieses Meisters der Sprache umso erschütternder ist und ehrlich und zeigt, dass der so wunderbare und perfekte Schriftsteller Max Frisch nur deshalb ein Könner ist, weil er selbstkritisch war.

Man muss nicht alle Hintergründe verstehen und jede geschichtliche Einzelheit parat haben, um das „Berliner Journal“ lesen zu können – zumal es mit einem ausführlichen Nachwort versehen ist. Aber man sollte Max Frisch lesen. Immer noch.

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