Es ist eine bäuerliche, kleine und überschaubare Welt, in die Rebecca Jones hineingeboren wird. Anfang des vergangenen Jahrhunderts scheint das Leben im Maesglasau-Tal in Wales so, wie es schon immer war, seit ihre Familie vor über tausend Jahres begonnen hat, hier Land zu bewirtschaften. Drei Brüder – William und Gruff werden blind geboren, Lewis erblindet als Kind – verlassen wegen ihrer Behinderung das Tal und erhalten wegen oder trotz ihrer Blindheit eine Ausbildung, werden Akademiker, ihre Reise fort aus Wales „führte von der walisischen Sprache und Kultur in eine andere Sprache und Kultur, sie führte fort aus Wales in ein anderes Land“, England nämlich. Rebecca und ihr Bruder Bob bleiben, weil den Eltern das Geld fehlt, im Dorf. Bob wird Bauer wider Willen, Rebecca Näherin, eine Tätigkeit, die sie befriedigt und die ihr eine gewisse Unabhängigkeit sichert.
Was ist eine Familie? Ein Anker, der uns an Ort und Stelle hält, uns sichert bei Sturm und zurückhält bei gutem Wetter. Ein Segen und eine Bürde zugleich – vor allem für die junge Generation und für alle, die nach Freiheit streben. Wir sind verblüfft, wenn wir im Laufe unseres Lebens plötzlich begreifen, dass nun wir dieser Anker sind. Der Wechsel der Generationen geschieht so unerversehens, dass wir ihn kaum fassen können.
Angharad Price erschafft in „Das Leben der Rebecca Jones“ eine Welt, die es nicht mehr gibt. Ihre wunderbare Sprache macht diese Welt aber unvergesslich, genauso wie das Buch. Die vorliegende Ausgabe übersetzte Gregor Runge aus der englischen Fassung, die wiederum von Angharad Price selbst geschrieben wurde. Das einzige, was ich – außer dem Ende der Erzählung – bedauernswert finde, ist dass ich das walisische Original mangels Sprachkenntnis nicht lesen kann.
Angharad Price: Das Leben der Rebecca Jones, dtv, 15,99 Euro
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