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Lukas Hartmann: Ein passender Mieter

„Wiedersehen Mama!“ Wie oft Mütter wohl diesen Abschiedsgruß hören? Einen wirklichen Abschiedsgruß, also nicht nur ein Gruß, der eben mal so dahin gesagt wird, wenn der Nachwuchs für ein paar Stunden aus dem Haus geht, um abends oder nach einem Ferienaufenthalt wieder zu kommen. Ein Abschiedsgruß, wie ihn Sebastian seiner Mutter Margret zuruft, die immer noch ungläubig zugesehen hat, wie ihr Sohn seine paar Habseligkeiten eingepackt hat – und ausgezogen ist. Ein Schritt, der aus Sicht des erwachsenen Sohnes, der in eine WG am anderen Ende der Stadt zieht, längst überfällig ist.  Zu lange hat er sich in dem Anbau am Elternhaus eingesperrt gefühlt. Viel zu früh findet Margret, die nicht verstehen kann, weshalb der 22-jährige Sohn aus der schönen Wohnung, die doch für ihn gedacht war, auszieht.

Dem Vorschlag ihres Mannes Gerhard, den Anbau  zu vermieten, steht Margret erst ablehnend gegenüber, doch sie willigt ein und gemeinsam entscheiden sie sich für den Fahrradmechaniker Beat als Mieter, der dann zu Beginn des neuen Jahres einzieht. Während Gerhard überhaupt kein Problem damit hat, dass Beat eher zurückhaltend ist, versteht Margret nicht, weshalb er die Einladung zum gemeinsamen Essen ausschlägt und kein –  wie sie es nennt – „ganz normalen“ Kontakt zustande kommt. Sie will  sich im Grunde nicht eingestehen, dass sie Beat als Sohn-Ersatz sieht und  ihn bemuttern will. Und natürlich will sie sich ebensowenig eingestehen, dass sie der Messerstecher beunruhigt, der seit einiger Zeit Frauen auflauert, sie niedersticht und dabei immer brutaler vorgeht.

„Sie wollte nicht mehr über diese Geschichte erfahren, als sie ohnehin wusste oder sich, gegen ihren Willen, vorstellte.“

„Ein passender Mieter“ hat nur auf dem ersten Blick (oder nach dem Lesen der ersten paar Seiten) eine einfache Handlung. Denn spätestens nach dem ersten Perspektivenwechsel wird klar, dass es um mehr geht als um die Abnabelung eines längst erwachsenen Sohnes oder um die Frage wer der brutale Messerstecher ist. Lukas Hartmann verknüpft dieses Handlungsstränge und zeichnet gleichzeitig das Bild einer ganz normalen bürgerlichen Familie, die sich mit den Veränderungen, die sich im Laufe des Lebens ergeben, auseinandersetzen muss. Dabei schafft es Lukas Hartmann auch in seinem neuesten Werk meisterhaft, das Alltägliche und Banale – eben das ganz normale Leben – weder alltäglich noch banal sondern faszinierend und spannend zu beschreiben. So meisterhaft, dass Sätze wie „Das Böse, Vater, steckt immer auch in uns selbst“ nicht kitschig oder pathetisch, sondern glaubhaft und richtig wirken. „Ein passender Mieter“ ist ein weiterer Lukas-Hartmann-Roman, den man unbedingt lesen muss.

 

Foto: Petra Breunig

Lukas Hartmann: Ein passender Mieter, Diogenes, 24 Euro.
(Das Buch wurde mit freundlicherweise vom Diogenes-Verlag zur Verfügung gestellt.)

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