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Bernhard Schlink: Das späte Leben

Foto: Petra Breunig

Martin ist 76 und mit der deutlich jüngeren Ulla verheiratet. Er war Professor für die Geschichte des Rechts an der Universität, hat auch nach seinem Ruhestand noch viel geschrieben, widmet sich jetzt aber immer mehr dem Kochen und dem gemeinsamen sechsjährigen Sohn David. Ulla beendete ihr Studium, malt, stellt ihre Werke aus und verkauft sie in ihrem Atelier. Doch dann bekommt Martin die Diagnose Krebs, verbunden mit der Aussicht, dass er höchstens noch ein halbes Jahr zu leben habe.

„Die zwölf Jahre seit der Hochzeit waren gute Jahre. Sie kauften ein kleines Haus mit Garten am Rand der Stadt.“

Was tut Mann mit dieser Diagnose, mit dem Rest des verbleibenden Lebens? Arbeitet man sein Leben auf, erfüllt man sich einen lang ersehnten Wunsch? Martin beschließt, mehr Zeit mit seinem Sohn zu verbringen, gemeinsame Erinnerungen zu schaffen – und kommt auf die Idee, mit ihm einen Komposthaufen anzulegen. Verständlicherweise fragt sich nicht nur Ulla, weshalb es unbedingt ein Komposthaufen sein muss.

„Er hatte viel freie Zeit vor sich; er kannte das nicht; immer war sein Leben voller Vorhaben, Verpflichtungen, Verabredungen gewesen.“

Aber das ist vermutlich auch dem Kontext eines Familienlebens geschuldet, das bis zu eben dieser Diagnose frei von Geld- und sonstigen Sorgen gelebt wurde, ein Bilderbuchleben, wie man es aus einem dieser Wohfühlfilme oder Werbespots im Vorabendprogramm kennt und von dem man insgeheim doch weiß, dass es nicht von Dauer sein wird.

Bernhard Schlink arbeitet in „Das späte Leben“ eine der fundamentalen Fragen des Lebens und seines Endes auf. Das tut er in seiner typischen ruhigen, nüchternen Sprache, die die Geschichte umso eindringlicher macht, eine Geschichte, die den Leser zwangsläufig mit dem eigenen Leben und dessen Endlichkeit konfrontiert. Die Leserin fragt sich, ob sie lesen will, was ein alter weißer Mann über den Tod und die Zeit bis dahin denkt? Nicht unbedingt. Aber wenn es von Bernhard Schlink erzählt wird, auf jeden Fall.

Bernhard Schlink: Das späte Leben, Diogenes, 26 Euro.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.

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