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Benedict Wells: Die Geschichten in uns

Foto: Petra Breunig

Lesen ist je nach gewähltem Thema und Genre unterhaltend, spannend, erhellend oder langweilig. In jedem Fall liegt aber ein fertiges Buch vor, entweder als Taschenbuch, gebundenes Exemplar oder auf geheimnisvolle Weise von einem E-Reader zum Leben erweckt. Welchen Prozess die einzelnen Kapitel, ja einzelnen Wörter und Sätze, hinter sich haben ehe sie so und nicht anders das Licht der lesenden Öffentlichkeit erblicken, davon weiß man als Leserin nichts. Bestenfalls kann frau es nachvollziehen, wenn man  es selbst in welcher Form auch immer Schreiben als Beruf oder Hobby ausübt.

„Ich verstand früh, dass Lesen einen in manchen Momenten retten kann. Dieses Gefühl trage ich noch immer in mir.“

Benedict Wells, den man mittlerweile ohne Übertreibung als Bestsellerautoren bezeichnen darf, nimmt uns in „Die Geschichten in uns“ mit in seine Schreibstube und gewährt Einblicke in seine Gedankenwelt als Schriftsteller.  Der Blick über seine Schulter, quasi auf die Laptoptastatur oder auf die Seiten eines Notizbuchs, lässt das manchmal leichte, oft aber auch mühsame Ringen um die Figuren, ihre Konstellationen zueinander, ihre Handlungen, ihre Absichten und letztlich um die druckfertigen Geschichten erahnen. Benedict Wells, der spätestens mit „Vom Ende der Einsamkeit“ 2016 den Durchbruch schaffte und der für mich damals meine persönliche Neuentdeckung war, spart dabei Persönliches nicht aus.

„Ich kann bloß meinen Weg als Autor schildern und ihn hier auf wacklige Weise interpretieren.“

Auch, wenn man Autoren nicht von ihren Werken, ihren Leben und Erfahrungen trennen kann, so ist die Annahme, der Autor habe das Erzählte erlebt, sei selbst die Hauptfigur, nicht automatisch richtig. Im Fall von „Die Geschichten in uns“ aber rückt sich Benedict Wells selbst in den Mittelpunkt und gibt – ganz Profi, der er ist – Handreichungen für  angehende oder auch nur eingebildete Schriftsteller, wobei er sich von namhaften Autorenkollegen helfen lässt und sie zitiert. Wer diese Zitate im jeweiligen Zusammenhang lesen will, wird im recht ausführlichen Literaturverzeichnis fündig.

„Es gibt blasse Romancharaktere, die so präzise skizziert sind, dass sie uns rühren.“

„Die Geschichten in uns“ ist  ein sehr persönliches, wenn nicht das persönlichste Buch, das Benedict Wells bisher geschrieben hat und nicht zuletzt deshalb unbedingt lesenswert.

Benedict Wells: Die Geschichten in uns. Vom Schreiben und vom Leben, Diogenes, 26 Euro.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.

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