Beeindruckende Zahlen und beeindruckende Leben: Hannelore „Loki“ und Helmut Schmidt kannten sich 81 Jahre lang, waren fast 70 Jahre verheiratet und über 40 Jahre ein Paar von öffentlichem Interesse. Selbst wer sich nicht so sehr für deutsche Politik interessiert, stößt früher oder später auf das Ehepaar Schmidt, das sich schon zu Schulzeiten kannte und auch nach Helmut Schmidts Kanzlerschaft im öffentlichen Bewusstsein geblieben ist.
„Das Kanzlerpaar Schmidt war ein reibungslos funktionierendes politisches Team geworden, ihre offenbar aufrichtige gegenseitige Unterstützung war für jedermann ersichtlich.“
Reiner Lehberger zeichnet in „Die Schmidts – Ein Jahrhundertpaar“ nicht nur eine Doppelbiografie, sondern lässt auch einen Teil der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wieder lebendig werden. Die Ehepartner, gleichermaßen bodenständig, weltoffen und hanseatisch pragmatisch, bleiben einander ein Leben lang zugetan. Freilich blieben in den langen gemeinsamen Jahren Probleme nicht aus, und es ist offenbar Loki zu verdanken, dass die Ehe an einer langjährigen Affäre Helmut Schmidts nicht zerbrochen ist. Dass sie es war, die ihrem Mann die Trennung angeboten hat, ist wohl auch ein Zeichen für das moderne Rollenverständnis, das Loki Schmidt als Ehefrau des Bundeskanzlers lebte. Blieben Kanzlergattinnen vor ihr buchstäblich einen Schritt hinter ihrem Ehemann und bestenfalls schmückendes Beiwerk, verstand sich Loki von Anfang an als Unterstützerin ihres Mannes, griff eigene Themen auf und brachte mit ihrer Stiftung das Thema Naturschutz ins Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit, beispielsweise mit der „Blume des Jahres„, die seit 1980 ausgewählt wird und auf gefährdete Arten aufmerksam machen will.
„Als sie (Loki Schmidt) Bonn Ende 1982 verließ, war sie zu einer der führenden Persönlichkeiten im deutschen Naturschutz avanciert.“
Aus eben dieser Öffentlichkeit verschwanden weder Loki noch Helmut Schmidt nach dem Ende seiner Kanzlerschaft. Beide schrieben zahlreiche Bücher, Helmut Schmidt blieb bis zu seinem Tod Mitherausgeber der Wochenzeitung „Die Zeit“, hielt zahlreiche Vorträge und war als Elder Statesman gefragt.
Reiner Lehbergers Perspektive auf „Die Schmidts“ ist trotz der Nähe nie effekthascherisch und faktensatt. Ein umfangreiches Fußnoten- und Literaturverzeichnis runden das Buch ab.
Reiner Lehberger: Die Schmidts, Atlantik, 14 Euro.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.