Foto: Petra Breunig

Lukas Hartmann: Schattentanz

Louis Soutter? Nie gehört. Jedenfalls ging es mir so, als ich den Klappentext in der Verlagsvorschau von Diogenes gelesen hatte. Aber ein neuer historischer Roman von Lukas Hartmann ist für mich Pflichtlektüre. Und wie schon bei “Der Sänger” habe ich nach einer schnellen Internetsuche gemerkt, dass mir zumindest der Stil des Künstlers nicht völlig unbekannt vorkommt.

Der Schweizer Künstler Louis Soutter ist ein Außenseiter. Er malt merkwürdige Bilder, die so anders sind, dass sie Betrachter am Verstand Soutters zweifeln lassen. Der wiederum zieht sich am liebsten von der Gesellschaft und auch von seiner eigenen Familie zurück, verlässt seine Mansarde oft tagelang nicht. Als ihn seine Familie mit 50 in ein Altersheim unterbringen lässt, ist das für ihn auch eine Befreiung, kann er doch hier fremdartige oft nackte Figuren zeichnen, die die meisten Betrachter für Werke eines Geisteskranken halten und sie schon mal als Feueranzünder verwenden.

“Die Salonmusik in Grandhotels bot ihm einen Schutzraum.”

Nur sein berühmter Cousin Charles-Edouard, der sich Le Corbusier nennt und der heute als einer der einflussreichsten Architekten den 20. Jahrhunderts gilt, besucht ihn zumindest unregelmäßig und erkennt, dass Soutters Bilder, die der zum Teil nackt und mit bloßen Fingern malt, wichtige Kunstwerke sind. Er ist es auch, der nach Soutters Tod viele seiner Werke rettet.

“Du kannst dich doch nicht von allen zurückziehen. Du vereinsamst ja total.”
“Ich kann nicht anders.”

Lukas Hartmann beweist mit “Schattentanz” wieder einmal, wie faszinierend historische Stoffe sein können, wenn sich ein meisterhafter Erzähler ihrer annimmt. Auch wenn man sich nicht für moderne Kunst und Künstler interessiert, so berühren doch das Ringen Louis Soutters um seine Arbeit und um grundlegende menschliche Bedürfnisse. Kann sich ein Individuum von der Gesellschaft dauerhaft isolieren, ohne Schaden zu nehmen? Oder ist es nicht vielmehr nötig, sich zumindest von Zeit zu Zeit von anderen zurückzuziehen, weil man nur so zu sich selber finden kann?
Über die zeitliche Distanz hinweg lädt der Roman ein, nicht nur den historischen Louis Soutters kennenzulernen. Er wirft Fragen auf, die auch heute noch aktuell sind und es vielleicht immer sein werden.

Lukas Hartmann: Schattentanz. Diogenes, 24 Euro.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.

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