„Wenn man sein ganzes Leben in die falsche Richtung läuft, kann’s dann trotzdem das Richtige sein?“ Es scheint, als ob Benedict Wells in seinem neuen Buch nichts anderes tut, als genau diese Frage zu beantworten. Und obwohl das auf den ersten Blick nur langweilig und öde scheinen mag, ist genau das Gegenteil der Fall. „Vom Ende der Einsamkeit“ erzählt von drei Geschwistern, die behütet, umsorgt und geliebt aufwachsen. Zunächst deutet nichts darauf hin, dass sich an dieser Idylle irgendetwas ändern könnte. Doch dann sterben die Eltern bei einem Autounfall, die Kinder müssen ihr Zuhause verlassen und ins Internat ziehen. Von einem Tag auf den anderen verändert sich ihre Welt für immer. Zurück bleiben nur Erinnerungen, die die drei auch im späteren Leben miteinander teilen werden.
„Es war wie früher, nur dass nichts mehr wie früher war.“
Benedict Wells beschreibt die Ereignisse aus Sicht von Jules, dem jünsten Sohn, der sich von einem einst selbstbewussten Kind in einen Eigenbrötler verwandelt, der in einer eigenen Traumwelt zu leben scheint. Das liegt vielleicht auch daran, dass er im Internat von seinen älteren Geschwistern Liz und Marty getrennt wird und irgendwie sehen muss, wie er alleine mit der neuen Situation, der neuen Umgebung, den neuen Mitschülern und vor allem dem Verlust seiner Eltern zurecht kommt.
„Ich spürte, dass mein Selbstbewusstsein verschwunden war.“
Wie er das macht und wie sich er und seine einst so eng verbundenen Geschwister auseinander leben, Beziehungen eingehen und wieder zusammen finden, ist eine wunderbare Geschichte, die von Anfang an tief berührt, dabei aber niemals im sentimentalen Kitsch abgleitet. Für mich ist Benedict Wells meine persönliche Neuentdeckung.
Benedict Wells: Vom Ende der Einsamkeit, Diogenes, 22 Euro
(Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Diogenes-Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.)
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