Ein „nervöser“ Planet? Kann das überhaupt sein? Und wenn ja – was bedeutet das für uns? Offensichtlich sind wir von allem etwas (auch wenn wir das vielleicht nicht zugeben wollen), also flatterhaft, zerfahren, unsicher, immer getrieben von einer Welt, die sich scheinbar immer schneller dreht, uns mit immer mehr Informationen in immer kürzerer Zeit eindeckt. Wobei es zu diesen Informationen im Internet-Zeitalter auch gehört, seine Social-Media- und E-Mail-Accounts zu checken und sich so gleichzeitig zu versichern, wie der jüngste eigene Post bei den Followern angekommen ist. Wobei wir genau an dem Punkt wären, auf den es nicht nur für Matt Haig in „Mach mal halblang“ ankommt: dieses Verhalten, dass wir uns mehr oder weniger unbewusst aufdrängen lassen, kann uns abhängig machen und deshalb gefährlich für uns werden. Nicht nur für Menschen – wie Matt Haig selber – die unter Panikattacken leiden. Denn durch den permanenten Druck, immer online zu sein, nehmen wir unsere eigene Umgebung nicht mehr wahr, können nicht mehr richtig abschalten.
„Das Internet enthält eine ganze Welt. Das Internet ist das, was wir daraus machen.“
Dabei ist Matt Haig weit davon entfernt, das Internet und die moderne Technik als Teufelszeug abzutun: „Es ist einfach online Kontakte zu pflegen. Das Wetter spielt keine Rolle. Du brauchst kein Taxi und kein gebügeltes Hemd. Es kann wunderbar sein. Es ist oft wunderbar.“ Er plädiert lediglich dafür, sich selbst bewusst zu machen, wie viel Zeit wir in welcher Form auch immer online verbringen, wie viel uns dadurch in der realen Welt entgeht, uns das klar zu machen und uns bewusst für etwas anderes zu entscheiden.
„Wir sind Menschen. Wir sollten uns nicht schämen, auch wie Menschen auszusehen.“
In „Mach mal halblang“ hebt Matt Haig keinen moralischen Zeigefinger, der uns auf den rechten Weg und in die analoge Welt zurückführen will. Doch trotz des lockeren, oft witzigen, Plaudertons ertappt man sich nicht nur beim zustimmenden Nicken, sondern fragt sich, ob es nötig ist, während des Schreibens dieses Blogbeitrags noch drei andere Browser-Tabs offen zu haben und vor allem verfolgen zu müssen, was die Twitter-Timeline so treibt. (Antwort: Eigentlich nicht, vor allem wäre dieser Beitrag schneller fertig geworden.) Wer sich ein paar Stunden Zeit nehmen will für ein Buch, dem sei dieses empfohlen, nicht nur, weil Matt Haig ein wunderbarer Autor ist, sondern auch, weil die Übersetzung von Sophie Zeitz vergessen lässt, dass man ein Übersetzung liest, so leicht und selbstverständlich kommt die deutsche Version daher. Und ganz ehrlich: allein für den gelungenen Titel muss man dieses Buch lieben.
Matt Haig: Mach mal halblang – Anmerkungen zu unserem nervösen Planeten. dtv, 4,90 Euro.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.
You can find my verdict on the original version „Notes on a Nervous Planet“ here.