Deutschstunde

Es ist vielleicht der deutscheste Romanstoff, der da auf die Kinoleinwand gebracht wird. Siegfried Lenz 1968 erschienener Roman gehört nicht nur zum Schulkanon. Er ist auch der Versuch einer Aufarbeitung von typisch deutschem Pflichtbewusstsein, das ungeachtet von Freundschaften und Unrechtsbewusstsein Befehle ausführt.

Eingebettet in die Rahmenhandlung, die Siggi Jepsen (Tom Gronau) beim Strafarbeitschreiben zum Thema „Die Freuden der Pflicht“ in einem Jugendgefängnis zeigt, entfaltet sich seine Kindheit im Dorf Rugbüll. Hier ist sein Vater Jens Ole Jepsen (Ulrich Noethen) zur NS-Zeit Dorfpolizist und damit beauftragt, das Malverbot für den Künstler Max Ludwig Nansen (Tobias Moretti) einzuhalten.

„Die glauben, dass Malen gefährlich ist, dass ich gefährlich bin.“

Getreu seinem eigenen Motto „Aus Dir machen wir was Brauchbares“ stiftet Jens Ole den elfjährigen Siggi (Levi Eisenblätter) an, den Maler zu bespitzeln und sofort zu melden, wenn der zum Pinsel und Leinwand greift. Das wiederum überfordert Siggi, der letztlich zum Bilderdieb und Bilderbewahrer wird.

„Wir werden zusammenarbeiten, Siggi. Gegen uns beide da kommt keiner an.“

Mag der Roman schon keine einfache Lektüre sein, so ist es der Film erst recht nicht. In 125 Minuten bringt Regisseur Christian Schochow von allem etwas zu viel auf die Leinwand: zu viel Weite, zu viel Düsternis, zu viel Symbolik und zu viel Perfektionismus: die Wohnungen sind entweder zu aufgeräumt oder zu bohemehaft (wobei auch hier die Nusstorte zu Max‘ 70. perfekt dekoriert ist): Es reicht nicht, dass die Küstenlandschaft weder weit noch offen, sondern bedrückend und düster ist. In einer der ersten Szenen des Films müssen Bilder auf Staffeleien in der See verbrennen und Siggi  später kunstvoll tote Tiere arrangieren.

Soviel Betonung des Offensichtlichen hätten weder Stoff noch Schauspieler nötig gehabt. Denn der Stoff, aus dem „Deutschstunde“ ist, veranschaulicht auch heute noch eindringlich und immer noch aktuell die  Grenzen des Pflichtbewusstseins.
125 Minuten, FSK: 12

⭐⭐⭐⭐

Kommentar verfassen

Diese Website benutzt Cookies. Wenn Du hier bleibst, stimmst Du der Verwendung von Cookies zu. This site uses cookies. By continuing browsing, you are consenting to the use of cookies. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen