Es hat etwas trauriges, wenn ein Autor erst nach seinem Tod bekannt wird und seine Romane erst dann als wichtige Literatur anerkannt werden. So erging es John Williams, dessen Roman „Stoner“ (erstmals gedruckt 1965) hierzulande 2013 erstmals überhaupt auf Deutsch erschienen ist. Daher ist es wenig sinnvoll, die Biografie „Der Mann, der den perfekten Roman schrieb“ von Charles J. Shields zu lesen, ohne vorher ein Buch von Williams selbst (am besten natürlich „Stoner“, auf den werbewirksam auf dem Titel des Schutzumschlags hingewiesen wird) gelesen zu haben. Zumindest wenn man – wie ich – nach der Lektüre des ersten Buches eines zuvor unbekannten Autors mehr über diesen wissen will.
„[Williams] war überzeugt, dass ein Schriftsteller mehr gelesen haben musste als jeder Wissenschaftler.“
Dann erfährt man mit Hilfe der akribisch recherchierten und ausführlich dokumentierten Biografie, die auch auf die anderen Werke John Williams‘ eingeht, dass dieser ähnlich wie seine Figur Stoner immer auf der Suche war. Und dabei wusste, dass er ein brillanter Schriftsteller war, der allerdings in einer Zeit schrieb, in die seine gleichermaßen leisen wie eindringlichen Werke nicht passen wollten. Symptomatisch mag es daher sein, dass sein Roman „Butcher’s Crossing“ (erschienen 1960) als Western bezeichnet wurde, obwohl es darin nur vordergründig um den Wilden Westen und die Büffeljagd geht. Williams war zwar ein anerkannter Universitätsprofessor, aber er träumte zeitlebens davon, ein erfolgreicher Schriftsteller zu sein. Ein Traum, der unerfüllt blieb.
Wer sich auf die Lektüre einlässt, wird mehr von John Williams lesen wollen.
Charles J. Shields: Der Mann, der den perfekten Roman schrieb. dtv, 26 Euro.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.