Uwe Wittstock: Februar 33 – Der Winter der Literatur

Vier Wochen und zwei Tage. Mehr Zeit verging nicht zwischen Hitlers Regierungsantritt und dem Erlass der „Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat“, die letztlich die Demokratie der Weimarer Republik und damit den Rechtsstaat beendete. Der Februar des Jahres 1933 war also entscheidend dafür, dass sich Hitlers Diktatur überhaupt etablieren konnte, weil alle Bürgerrechte außer Kraft gesetzt wurden.

„Nur diesen Monat brauchte es, um einen Rechtsstaat in eine Gewaltherrschaft ohne Skrupel zu verwandeln.“

Uwe Wittstock legt mit „Februar 33“ ein lesenswertes Sachbuch vor. Lesenswert, weil es nicht nur zahlreiche unbekannte Details enthält, sondern auch, weil es geschrieben ist, als würde man einen Roman lesen, der die damalige Zeit zum Leben erweckt. Zwar liegt der Schwerpunkt wie der Titel verspricht, auf dem Bereich der Literatur, ihre Schriftsteller und Verleger, aber natürlich bleibt dies nicht losgelöst von den politischen Ereignissen.
Während also Kulturschaffende wie Joseph Roth, Thomas, Heinrich und Klaus Mann, Carl Zuckmayer, Vicki Baum und Theresa Giehse überlegen, ob sie bleiben oder Deutschland verlassen sollen, werden Menschen auf offener Straße ermordet. Diese Fakten, die jedes Datum begleiten und die ebenso wie die Zahl der Grippetoten aus Tageszeitungen wie der „Vossischen Zeitung“, „Frankfurter Zeitung“ oder „Berliner Morgenpost“ entnommen sind, schaffen eine dokumentarische Intensität, der man sich nicht entziehen kann.

„Der Rechtsstaat ist abgeschafft.“

Spätestens am 28. Februar 1933 dürfte klar geworden sein, was Hitler plante. An diesem Tag trat die „Notverordnung zur Verteidigung von Volk und Staat“ in Kraft und beendete damit Rede-, Presse-, Vereins- und Versammlungsfreiheit ebenso wie das Post- und Telefongeheimnis und die Unverletzlichkeit von Wohnung und Eigentum. In einem Interview mit dem englischen „Daily Express“ erklärt Hitler, er habe „Gerichtshöfe eingesetzt, die alle Staatsfeinde unter Anklage stellen“ und man nun mit ihnen verfahren könne, „dass es ein für allemal aus ist mit den Verschwörungen.“

Gerade, weil „Februar ’33“ gut lesbar ist, weder auf historische Fakten noch deren Quellenangaben verzichtet und sich damit beispielsweise zu Sachbüchern wie „Die zerrissenen Jahre“ oder „Der taumelnde Kontinent“ von Philip Blom gesellt, sollte man es unbedingt auf die persönliche Leseliste setzen. Der Untertitel hat mich an William Shakespeares „Richard III.“ und dessen berühmten „Winter unseres Missvergnügens“ (Übersetzung Frank Günther) erinnert. Uwe Wittstock will ihn aber als Metapher auf die Erstarrung der literarischen Verhältnisse verstanden wissen, wie er mir auf Twitter schrieb.

Uwe Wittstock: Februar ’33. Der Winter der Literatur. C.H.Beck, 24 Euro.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.

Kommentar verfassen

Diese Website benutzt Cookies. Wenn Du hier bleibst, stimmst Du der Verwendung von Cookies zu. This site uses cookies. By continuing browsing, you are consenting to the use of cookies. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen