Alex Schulman: Die Überlebenden

Eigentlich haben die Sommer ihrer Kindheit alles, was man sich landläufig unter einer schwedischen Idylle vorstellt. Lange, laue Abende, ein Haus im Wald und ein naher See. Und die drei Brüder Benjamin, Pierre und Nils wachsen auf, ohne dass ihre Eltern sie groß einschränken würden. In ihrer mehr oder weniger sich selbst überlassenen Kindheit und Jugend merken sie erst mit zunehmenden Alter, dass ihre Familie irgendwie anders ist. Als sie nach 20 Jahren wieder zurückkommen, um die Asche ihrer Mutter zu verstreuen, müssen sie sich nicht nur mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen, sondern auch mit ihrem Verhältnis zueinander.

„Durch die Finger schaute er zu der unscharfen Wiese hinauf, und da sah er seine Eltern sitzen, verschlafen und benebelt.“

Alex Schulman erzählt in „Die Überlebenden“ wie sich drei Brüder nicht nur untereinander behaupten müssen, denn im Grunde stehen sie ständig in Konkurrenz um die Liebe und Zuneigung ihrer Eltern, deren Zugewandheit immer wieder mit Ablehnung wechselt. In Rückblenden, mit denen Benjamin, der gleichzeitig der Erzähler ist, in die Vergangenheit zurückblättert, dröselt er die Familiengeschichte immer weiter auf.

Unverändert bleibt dabei die Melancholie, die sich über die Erzählung legt wie der Nebel über die Landschaft und die für skandinavische Krimis wie Henning Mankells „Wallander„-Reihe so typisch ist. Die Erzählweise und der Stil von „Die Überlebenden“ erinnert aber auch an den großen britischen Schriftsteller Ian McEwan, der immer wieder sowohl Abgründe als auch das zutiefst Menschliche meisterhaft unaufgeregt skizziert. Das Verarbeiten der eigenen traumatischen Kindheit weist Parallelen zu dem im Cornwall geborenen Autor Edward St. Aubyns Werken, allen voran seine „Melrose“-Romanen auf.

„Zum ersten Mal roch er seinen eigenen Schweiß. Plötzlich sah er die Dinge klar.“

„Die Überlebenden“ ist der erste Roman des schwedischen Autors Alex Schulman, der bei uns weitgehend unbekannt ist. Wer gerne skandinavische Bücher liest, dem wird diese deutsche Erstausgabe helfen, einen neuen Schriftsteller zu entdecken. Es lohnt sich.

Alex Schulman: Die Überlebenden. dtv, 22 Euro.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.

Die Wallander-Krimis wurden unter anderem mit Kenneth Branagh in der Titelrolle verfilmt, die Melrose-Romane mit Benedict Cumberbatch.

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