Sommerferien an einem schottischen See. Das könnten lange Tage am Ufer, im und auf dem Wasser sein. Könnten. Denn es regnet ergiebig und ausdauernd und außer nass zu werden, drinnen zu bleiben oder den Urlaub abzubrechen, können die Urlauber in der abgelegenen Ferienanlage wenig tun. Außer andere Urlauber beobachten. Und genau das tun sie. Justine etwa, die frühmorgens zu ihrer Joggingrunde aufbricht und sich noch etwas über die Nachbarn rechts ärgert, die lautstark Partys feiern. David und Mary, die hier schon seit Jahren ihren Urlaub verbringen. Oder das junge Paar, das außer Sex kaum etwas zu brauchen scheint.
„Kaltes Wasser auf bettwarmer Haut, und warum genau macht sie das noch mal?“
Nicht von ungefähr beginnt der Roman in der Dämmerung – und endet in der Nacht – denn irgendetwas geht hier vor. Hier, das ist eine Ansammlung von Holzhäusern mitten in der tiefsten schottischen Provinz, wo es weder einen fußläufig zu erreichenden Supermarkt gibt noch Handyempfang.
„…nicht, dass man in Schottland mit Sonne rechnen würde, aber Tag für Tag Wolkenbrüche, das war schon heftig…“
In „Sommerwasser“ sind genau die unterschiedlichen Sorten Mensch versammelt, die sich eben an einem Ort zufällig zusammenfinden – mit all ihren Befindlichkeiten, Gewohnheiten und Vorurteilen, die schon wegen eines vermeintlich falschen Akzents offenbar werden. Das kann langweilig sein, ist es aber in diesem Roman, dessen einzelne Kapitel den verschiedenen Urlaubern gewidmet sind, deren einzige Gemeinsamkeit der Ort ist, an dem sie ihren Urlaub verbringen, nicht. Denn Sarah Moss erzählt so eindringlich, dass man einfach weiterlesen und herausfinden muss, was hier tatsächlich vor sich geht.
Sarah Moss: Sommerwasser, Unionsverlag, 24 Euro.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.