Wir befinden uns im Jahr 1346, das Jahr, mit dem sich England und Frankreich in unendlichen Schlachten um die Frage streiten, wem der französische Thron gehört. Eine Auseinandersetzung, die später in die Geschichte als Hundertjähriger Krieg eingehen wird. Doch erst einmal ist die Söldnergruppe Essex Dogs um ihren Anführer Loveday FitzTalbot vor allem damit beschäftigt zu überleben und wieder heil nach England zurückzukommen. Sie sind mit dem englischen König Edward III, der ein Invasionsheer aus tausend Schiffen mit fünfzehntausend Kämpfern anführt, in Frankreich gelandet und als Vorhut in der Rangfolge der Soldaten ganz unten. Ganz unten, das bedeutet auch, die ganze Brutalität des Krieges inklusive Mord, Vergewaltigung, Brandschatzung, Hunger und Durst unmittelbar mitzuerleben.
„Die größte Invasion des Königs in Frankreich mit tausend Schiffen und fünfzehntausend Kämpfern an Bord nahm gerade ihren Anfang. Die Essex Dogs standen in vorderster Reihe.“
Und diese Perspektive ist es auch, die dem Leser auf über 460 Seiten serviert wird und die nur gelegentlich von Momenten unterbrochen wird, in denen das persönliche Schicksal der Figuren wie das von Loveday beschrieben wird, dessen Frau und drei Kinder an Schweißfieber gestorben sind. Aus seiner Verzweiflung, die er mit entsprechenden Mengen an Alkohol bekämpft hat, retteten ihn die Essex Dogs, die seither so etwas wie seine Familie geworden sind.
Dan Jones hat mit „Essex Dogs“ seinen ersten Roman vorgelegt, der sich wie seine bisher erschienenen Sachbücher auch in der deutschen Übersetzung (aus dem Englischen von Heike Schlatterer und Wolfgang Ströle) sehr gut weglesen lässt. Doch die Handlung kreist fast ausschließlich um die Brutalität des Krieges, die in schier endlosen Beschreibungen und Details lebendig wird. Das ist historisch gesehen sicherlich korrekt, und Dan Jones gibt nicht von ungefähr am Ende des Romans Lektüreempfehlungen, die die fiktive Erzählung in den historisch verbürgten Kontext einordnen. Doch man kann sich bei der Lektüre des Eindrucks nicht erwehren, dass man lesend von einer Schlacht in die nächste taumelt und des Kriegs und aller damit verbundenen Handlungen überdrüssig wird.
„Wer den Frieden des Königs störte, dem drohten Strafen wie abgehackte Gliedmaßen, Prügel oder gar der Galgen.“
„Essex Dogs“ ist nichts für Profi- und Hobby-Historiker, die meinen, dass sich historische Romane detailliert an verbürgte geschichtliche Ereignissen halten müssen. Der Roman ist aber auch nichts für schwache Nerven. Wen das nicht abschreckt, erhält von Dan Jones einen Einblick in eine Zeit, die gar nicht so weit entfernt zu sein scheint.
Dan Jones: Essex Dogs, C.H.Beck, 26 Euro.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.
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