Benedict schreibt an den Nikolaus

Lieber Nikolaus,

mein Freund bat mich, Dir zu schreiben. Ich muss zugeben, es ist schwierig, die richtigen Worte zu finden. Das liegt bestimmt daran, dass wir es als Erwachsene etwas lächerlich finden, Dich um etwas zu bitten, denn irgendwie ist unsere Zeit mit Dir vorbei. Wir kaufen unsre eigenen Geschenke, haben unser Schicksal selbst in der Hand, übernehmen die Verantwortung für unser Handeln und leben in der Welt, die wir selbst geschaffen haben. Deshalb wenden wir uns nicht an Dich und bitten Dich um Hilfe beim Umweltschutz, der Flüchtlingskrise, dem NHS (Nationalen Gesundheitssystem in Großbritannien), Bildung, Tafeln, Menschenrechten, Fundamentalismus und Kriegen. Und das, obwohl wir Gott weiß alle Hilfe brauchen, die wie kriegen können, um mit diesen mnschengemachten Problemen und vielen anderen zurechtzukommen.

Dabei liegt es nicht daran, dass Du nicht voller Leidenschaft und Freude bist. Du bist toll. Und das obwohl Du unterschiedlich eingefärbt wurdest für Firmen und dafür missbraucht wurdest, einen verrücktgewordenen Materialismus zu versinnbildlichen, obwohl Du wahrscheinlich aus einem bestimmten heidnischen Druiden-Ritual stammst – Millionen Kilometer entfernt von irgendwelchen  Wünschen nach sich spontan selbst entzündenden Hoverboards. All das führen kindische Erwachsene erst mal zynisch an, bevor sie ihren ganz eigenen Moment haben, in dem sie an Dich glauben und davon überzeugt sind, Zeit zu verschwenden. Denn eigentlich  bist Du nicht für Erwachsene da, sondern für Kinder. Kinder, die etwas Geheimnisvolles brauchen in einer Welt, wo die Grenzen zwischen Unschuld und Verantwortung, spielerischer Fantasie und den kalten Hindernissen der Erwachsenen immer mehr verschwimmen.

Genau das ist es, um was ich Dich bitten möchte. Etwas mehr Zeit für Kinder, Kinder zu sein. Kannst Du die Zeit für Fantasie und Spielerei etwas verlängern? Kannst Du sie ablenken von einer Welt, die verrückt geworden ist, damit sie lachen statt weinen? Vor allem die, die sich Sorgen um Familienmitglieder machen oder krank sind oder hungern oder arm sind? Vor allem die, die in Häusern Schutz vor Bomben suchen, die zitternd vor Angst oder Kälte in Boote gesetzt werden, damit sie vor Umweltkatastrophen oder Krieg geschützt sind? Bitte mache ihr Leben etwas heller mit einem Augenblick voller Freude und Hoffnung.

Wenn ich mir das so überlege, hast Du es dieses Jahr nicht leicht gehabt. Und wenn ich noch mehr darüber nachdenke, weiß ich nicht, ob ich Dich um ein Laserschwert bitten und tatsächlich eins kriegen (nicht, dass ich jemals eins bekommen hätte) vergleichbar damit ist, das Raum-Zeit-Kontinuum zu kontrollieren und das Gute der Kindheit etwas zu verlängern.

Jedenfalls inspirierst Du die, die Dir schreiben, dazu, an Wunder zu glauben und voller Ehrfurcht darauf zu hoffen, dass sie zu Bett gehen und am nächsten Morgen etwas Neues besitzen werden. Du spornst zu gutem Benehmen an und wenn ich mich richtig erinnere auch dazu schlechtes Benehmen in letzter Minute vergessen zu machen, damit man nicht übersehen wird. Denke auch an die, die Dir gerne schreiben würden, aber nicht können, weil sie Analphabeten sind. Höre ihnen zu und gibt ihnen die Zeit und die Gelegenheit, lesen und schreiben zu lernen, damit sie ein besseres Leben führen und ihrer Armut entkommen können.

Du tust mir ein bisschen leid. Und ich schätze mal, dass ich genau das gemacht habe, was ich eigentlich nicht tun wollte … Dich darum zu bitten, die Probleme der Erwachsenen und einige der größten Sorgen lösen zu helfen, die wir um unsere Kinder haben. Ich verspreche Dir, dass ich Dir extra Portwein und Minzkuchen da lassen werde.

Viele liebe Grüße

Benedict x

 

Den Brief im Original gibt es hier

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