Was lange währt … wird manchmal nur gut – nicht überragend. Immerhin kann man aber schon fast erleichtert aufschnaufen, dass „Edison – Ein Leben voller Licht“ doch noch das Licht deutscher Kinoleinwände erblickt. Der Kinostart des Films, der nach dem Skandal um Harvey Weinstein bereits 2017 auf dem Toronto Film Festival seine Premiere feierte, wurde zunächst verschoben, die Rechte verkauft und der Film selbst von Direktor Alfonso Gomez-Rejon neu geschnitten. Herausgekommen ist einer der Filme, die versuchen, in eine Laufzeit von 103 Minuten zu viel hineinzupacken.
Der Film zeichnet die Zeitspanne zwischen der bahnbrechenden Erfindung der Glühbirne bis hin zu ihrem weltweiten Einsatz nach und lässt nur wenig Raum für die Person Edison. Die Szenen, in denen der sich seiner Erfolge sichere Erfinder voller Hingabe um seine Familie kümmert, sind zu kurz und zu wenige, zu schnell muss sich die Handlung der nächsten Verhandlung mit Politikern um weitere Gelder widmen
Mag der Originaltitel „The Current War“ (etwa der Strom-Krieg) noch darauf hinweisen, dass es nicht nur um den berühmte Erfinder Thomas Alva Edison (Benedict Cumberbatch) geht, sondern um die Frage, ob Gleich- oder Wechselstrom die bessere Elektrizität erzeugen, führt der deutsche Titel eher in die Irre. Freilich konzentriert sich die Handlung auf Edison und natürlich ist er derjenige, der auch deutschen Zuschauern ein Begriff ist. Doch auch seine Rivalen, der Großindustrielle George Westinghouse (Michael Shannon) und Nikola Tesla (Nicholas Hoult) hätten mehr Zeit gebraucht, um wirkliche Tiefe zu gewinnen und den Zuschauer mehr zu berühren. So bleiben nicht nur die beiden, sondern auch Edison selbst wie aufscheinende Schlaglichter, von denen man gerne mehr erfahren hätte.
„Meine Bücher sind so voller Ideen. Ich würde zwölf Leben brauchen, um sie alle auszuführen.“
Dabei sind die Kulissen und Dekorationen aufwendig, das Staraufgebot alleine hätte schon für Qualität bürgen müssen. Benedict Cumberbatch spielt Edison routiniert, aber seine Leistung erinnert nur von Ferne an seine Oscar-nominierte Rolle als Alan Turing in „The Imitation Game„. Und auch Nicholas Hoult bekommt als US-Einwanderer Tesla ebenfalls zu wenig Zeit auf der Leinwand. Doch ist die Figur (auch vor der aktuellen Diskussion um E-Autos) so faszinierend, dass man unwillkürlich hofft, der für Ende August angekündigte Film „Tesla“ möge gut sein. Nicht zuletzt spielt Tom Holland Edisons Sekretär Samuel Insull wunderbar naiv witzig und loyal.
Fazit:
Der Film ist sicherlich keiner, den man unbedingt gesehen haben muss. Weil aber die Kinos erst seit Kurzem wieder offen sind und es an neuen Filmen mangelt, sollte man dennoch den Gang ins Lieblingskino einplanen. Wer nicht die Originalversion zu sehen (und zu hören) bekommt, dem sei gesagt, dass Benedict Cumberbatch hier amerikanisches Englisch spricht, was (seien wir ehrlich) den Vergleich mit seinem britischen Akzent niemals standhalten wird.
Edison – Ein Leben voller Licht, 103 Minuten, FSK 6
⭐⭐⭐
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