Das Licht, das Meer, der Strand – Kalifornien muss sich für die Exilanten angefühlt haben, wie ein Paradies, vielleicht auch genauso unwirklich. Jedenfalls hat sich in dem amerikanischen Staat in der Zeit des Zweiten Weltkriegs eine illustre Gesellschaft eingefunden, die ein Stück gebildetes Bürgertum ins Exil gerettet hat. Denn Max Horkheimer, Bertolt Brecht, Vicki Baum, Franz und Alma Werfel sind natürlich nicht aus freien Stücken da.
„Das geografische Zuhause ist für Mann mit dem Anschluss Österreichs ein Stück weit in die Ferne gerückt.“
Und Thomas Mann und seine Frau Katia sind so etwas wie der Mittelpunkt, wohl wissend, dass der Name des Nobelpreisträgers auch für andere ein Türöffner sein kann. Ein Türöffner, den man in Zeiten wie diesen brauchen kann. Hier, an der Westküste, wird diskutiert über Literatur, die sie geschrieben haben oder gerade schreiben, über das Deutschland, dem sie entflohen sind und dem Deutschland, das es nach dem Ende des Kriegs und dem Sturz der Nazis geben soll.
„Zuhause ist, wo er schreiben kann.“
Martin Mittelmeier beschreibt diese Situation in „Heimweh im Paradies“ mit dem Fokus auf Thomas Mann. Er, der keine Geldsorgen hat und es sich leisten kann, ein Haus nach seinen Wünschen bauen zu lassen, ist dennoch bescheiden, wenn es um seine Arbeit geht. Er braucht den „diskreten Luxus“: „Tisch, Sessel, Lampe, Bücherreihe“ um zu schreiben. Vorträge, für die er auch in den USA unterwegs ist, sind ihm eigentlich lästig, weil sie ihn nur von seiner Arbeit abhalten.
„Diese Formlosigkeit im Sinnlichen bereitet Thomas Mann Unbehagen.“
Das alles wirkt so lebendig, als würde man Thomas Mann selbst lesend hören und ihm beim Arbeiten beobachten. Doch „Heimweh im Paradies“ ist kein Wohlfühlbuch (ist es eigentlich Roman oder Sachbuch?) nicht nur wegen der Zeit, in der es spielt, sondern auch wegen der literarischen Verweise auf Thomas Manns Werke (im S.-Fischer-Verlag erschienen), unter denen die auf „Die Buddenbrooks“ oder „Der Zauberberg“ sicherlich die bekanntesten sind.
In einer Flut von Büchern über Thomas Mann, die rund um seinen 150. Geburtstag erschienen sind, ist „Heimweh ins Paradies“ vielleicht nicht der Türöffner zum Werk des Nobelpreisträgers. Es ist aber sicherlich eines der heitersten.
Martin Mittelmeier: Heimweih im Paradies. Thomas Mann in Kalifornien, Dumont, 22 Euro.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.
Ein wunderbarer Roman über Thomas Mann ist „Der Zauberer“ von Colm Tóibín.