Foto: Petra Breunig

Daniel Mellem: Die Erfindung des Countdowns

Es ist wieder eines dieser Bücher, die die Geschichte von Menschen erzählen, von denen man noch nie oder nur vage gehört hat. Hermann Oberth ist seit Kindheit fasziniert vom Mond und fragt sich, ob Menschen jemals dorthin gelangen können. “Wenn man will, dann kann man alles”, antwortet ihm sein Vater, der fest davon überzeugt ist, dass der kleine Hermann Arzt werden wird, so wie er selbst einer ist. Doch er hat nicht mit der Leidenschaft seines Sohnes für die Physik gerechnet, weil er sie mit Träumereien verwechselt, die Hermann nur von den wirklich wichtigen Dingen im Leben abhalten würden.

Doch Hermann lässt sich nicht beirren. Weder durch den Ersten Weltkrieg noch durch die Machthaber des Dritten Reichs; Hermann will Raketen bauen, um mit ihnen Kriege zu verhindern und muss doch einsehen, dass mit Hilfe seines Wissens Unschuldige getötet wurden und ihr Hab und Gut verloren haben.

“Nichts hatte man mit der Rakete erreicht. Der Krieg war nicht ausgeblieben, er war auch nicht schneller vorübergegangen.”

Daniel Mellem zeichnet in “Die Erfindung des Countdowns” die Biografie Hermann Oberths nach, der heute als Begründer der wissenschaftlichen Raketentechnik und der Astronautik gilt. Und er tut dies chronologisch und in einer klaren Sprache, die selbst physikalische Erklärungen für Laien nachvollziehbar erscheinen lässt, auch wenn wohl nur die wenigsten alle Einzelheiten verstehen dürften. Doch um das Verstehen von Physik geht es nur am Rande. Im Mittelpunkt steht der Erfinder des Countdowns – nicht von ungefähr zählen die Kapitelüberschriften rückwärts – der seine wissenschaftliche Arbeit über alles stellt und seine Egozentrik damit rechtfertigt. Der gut lesbare, stellenweise packende Roman geht auf das Verhältnis Oberths zu den nationalsozialistischen Machthabern nur am Rande ein, beschreibt die Hauptfigur als Wissenschaftler, dem es nur um die Forschung geht, während der historische Oberth keineswegs unpolitisch war.

Dennoch ist dieses Erstlingswerk lesenswert – nicht zuletzt, weil “Die Erfindung des Countdowns” das tut, wofür Bücher gemacht wurden: in neue Welten entführen.

Daniel Mellem: Die Erfindung des Countdowns, dtv, 23 Euro.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.

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