Welch groteske Vorstellung. Da taucht eine Frau auf und behauptet, eine Verwandte zu sein. Eine Schwester gar. Das passiert der Ich-Erzählerin in Julia Schochs Roman „Das Vorkommnis“. Überfallartig und doch nebenbei drängt sich die Frau, deren Buch die Erzählerin gerade signiert, in deren Leben und behauptet, dass beide Frauen einen gemeinsamen Vater hätten. Was folgt, ist eine Erzählung darüber, dass bisher so sicher Geglaubtes plötzlich in Frage gestellt wird, das scheinbar so geordnete Leben aus der Bahn gerät.
„Wir haben übrigens denselben Vater.“
Julia Schoch gibt ihrer Ich-Erzählerin viel von sich selbst mit, legt ihre eigene Vergangenheit offen. Doch während die Begegnung mit der Halbschwester für den Rest der Familie zu einem Ereignis wird, das bald abgeschlossen ist, beschäftigt sich die Erzählerin so intensiv damit, dass es für sie scheint, als sei die Halbschwester immer da. Wie eine Gestalt, mit der man unbewusst redet.
Später würde alles einen Sinn ergeben.
„Das Vorkommnis“, erster Teil einer geplanten Trilogie mit dem Titel „Biografie einer Frau“, ist ein intensives Buch. Geschrieben in einer zwar einfachen, dabei aber umso eindringlicheren Sprache, die mich an den Stil von Ian McEwan erinnert, ist die Geschichte wie ein Rausch, dem man sich gerne hingibt.
Julia Schoch: Das Vorkommnis, dtv, 20 Euro.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.
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