Konrad Adenauer war der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde er aller Ämter – darunter dem des Bürgermeisters der Stadt Köln – enthoben und zeitweise inhaftiert. Verheiratet war er in zweiter Ehe mit Auguste Zinsser, genannt Gussi. Doch wer war diese Frau?
“Hinter ihr im Wohnzimmer die Ehefrauen, Abendkleider und teurer Schmuck, selbst im Angesicht der drohenden Katastrophe zeigt man, was man hatte.”
Am Ende ihres Lebens blickt Gussi zurück, und der Leser erfährt in diesen Rückblenden, die immer wieder durch die Gegenwart des Jahres 1948 unterbrochen werden, mehr über diese Frau, die Konrad Adenauer zeitlebens liebte und unterstützte. Als Tochter des Hochschulprofessors Ferdinand Zinsser, mit dem sie eine enge Beziehung hat, wird Gussi in ein privilegiertes Leben mit festen “protestantischen Überzeugungen und Werten” hineingeboren. Als Konrad Adenauer mit seiner ersten Frau in die Nachbarschaft einzieht, freunden sich die Familien an. Nach dem Tod der Ehefrau entwickelt sich zwischen Gussi und Konrad Adenauer eine Beziehung.
“Es war nur eine Frage der Zeit, wann die ersten Verhaftungen beginnen würden. Die Listen waren sicher schon erstellt.”
Natürlich ist es in der Ehe der beiden – ganz in den Konventionen der damaligen Zeit – der Mann, der die Richtung vorgibt. Doch Gussi bleibt die wache, politisch interessierte und aktive Frau, die ihrem Mann, der lieber schweigt als redet und viel mit sich selber ausmacht, eine wichtige Beraterin sein wird. Auch in der NS-Diktatur, in der Konrad Adenauer für seine Überzeugungen ins Gefängnis ging und Gussie ebenfalls zeitweise inhaftiert war.
Christoph Wortbergs “Gussie” ist einer dieser Romane, der Geschichte wunderbar aufbereiten und gekonnt historisch Verbrieftes mit fiktiven Erzählsträngen mischt. Das ist unbedingt lesenswert, nicht zuletzt deshalb, weil deutsche Geschichte lebendig wird, Geschichte, die nichts von ihrer Aktualität verloren hat.
Christoph Wortberg: Gussie, 24 Euro, dtv.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.