Grace ist 72, hat eigentlich alles, was sie braucht und könnte ein glückliches Leben führen. Sie lebt in einem Bungalow in der Stadt Lincoln in den Midlands, einer Gegend, die wir Deutsche wohl als typisch britisch bezeichnen würden. Zwar fühlt sie sich nach dem Tod ihres Mannes einsam, doch gesteht sich selber ein, dass sie das auch schon vorher war. Sie könnte im Garten arbeiten und sich um das leere Treibhaus kümmern – Leidenschaften, die sie offenbar ohne wirklichen Grund aufgegeben hat.
„Das Leben dort im Alter war nicht einmal so schlimm, nur die Straßen wirkten weniger einladend als früher.“
Stattdessen sitzt sie vor dem Fernseher, liest nur hin und wieder ein Buch und verlässt das Haus nur noch, um auf den Friedhof oder zum Arzt zu gehen. Über all dem liegt wie ein Schatten der Tod ihres Sohnes, der bei einem Rad-Unfall ums Leben kam und wofür sich Grace die Schuld gibt.
“Unendlichkeit ist nicht gleich Unendlichkeit.”
Dieses mehr oder weniger ereignislose Leben wird vom Brief einer Anwaltskanzlei unterbrochen, in dem Grace erfährt, dass ihr eine ehemalige Kollegin, eine Musiklehrerin, mit der sie eine Zeit befreundet war, ihr Haus auf Ibiza vererbt hat. Grace beschließt, nach Ibiza zu fliegen, um sich das Haus anzusehen und um herauszufinden, woran und unter welchen Umständen ihre Freundin gestorben ist. Dabei lernt sie nicht nur Ibiza als Naturparadies kennen, sondern auch neue Seiten an sich selber – und sie findet heraus, dass nicht alles so ist, wie es scheint.
“Es war schlicht und ergreifend das Unglaublichste, was ich je gesehen hatte.”
“Die Unmöglichkeit des Leben” ist nach vier Jahren Pause der neueste Roman von Matt Haig. (Auch wenn es den deutschen Lesern nicht so lang vorkommen mag, immerhin sind nach „Die Mitternachtsbibliothek“ „Der fürsorgliche Mr. Cave“ und das Kinderbuch „Evie und die Macht der Tiere“ bei uns erschienen.) Wie von dem britischen Schriftsteller gewohnt, gibt es auch in „Die Unmöglichkeit des Lebens“ Phänomene, die jenseits der Realität existieren und die die ansonsten komplett in unserer realen Welt angesiedelten Erzählung in Richtung Sciencefiction und Mystery kippen lassen. Diese Mischung macht Matt Haig zu einem Roman, mit dem man sich am liebsten in den Lesesessel verkriechen und ihn erst nach der letzten Seite wieder verlassen möchte.
Matt Haig: Die Unmöglichkeit des Lebens, Droemer-Knaur, 24 Euro.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.
Weitere Bücher von Matt Haig habe ich hier besprochen.