Wir schreiben August 1756. Die preußische Armee marschiert in Sachsen ein. Es gibt keine Kriegserklärung, aber Friedrich II. lässt Galgen auf dem Dresdner Marktplatz errichten und die Schlösser des Grafen Brühl, seines Erzfeindes, zerstören. Mit diesem Krieg, der als Siebenjähriger Krieg in die Geschichte eingehen wird, will sich die Reichsgräfin Maria Anna Franziska von Brühl nicht abfinden. Nicht zuletzt aus Eigennutz, schließlich wurde auch ihr Palais zerstört, macht sie sich zusammen mit ihrer Kammerdame Luise von Barnhelm und dem Offizier Georg Wilhelm von der Marwitz auf die Reise von Dresden nach Leipzig.
„Der filigrane Turm der Hofkirche wirkte bedroht, die Glocken der ebenso neuen Frauenkirche schienen Alarm oder zu einem Begräbnis läuten zu wollen.“
In Leipzig will sie die Dichter Johann Christoph Gottsched und Christian Fürchtegott Gellert bitten, ihr zu helfen, den König zu ermorden. Von der Mischung aus Belladonna, Arsen und Blei, die die Gräfin im titelgebenden Flakon dabei hat, reichen ein paar Tropfen, beispielsweise in einer Tasse Schokolade, um ihre tödliche Wirkung zu entfalten.
Hans Pleschinski erzählt in „Der Flakon“ von einer Zeit, die in unserem heutigen Bewusstsein nicht unbedingt mit einer reichen Kultur verbunden wird, wird sie doch geschichtlich gesehen von der Zeit der großen Dichter Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller überstrahlt, die wir heute als Weimarer Klassik kennen. Doch das Zeitalter der Aufklärung hatte nicht nur bedeutende Dichter und schöne Schlösser. Sie war auch geprägt von Pazifismus und dem Versuch, der als militärisch und von Exerzierplätzen dominierten preußischen Haltung etwas entgegen zu setzen.
„Die Preußen stürmten das Schloss. Das Gepolter der Schritte, das Krachen der Türen, die aufgebrochen wurden, hallte überall.“
Gellert appellierte beispielsweise an den Preußenkönig Friedrich, den Krieg zu beenden. Basierend auf einer Anekdote, die von einem Mordkomplott gegen Friedrich II. berichtet, aber nicht gesichert ist, entfaltet Pleschinski ein Sittengemälde, das einem riesigen Wandteppich mit unterschiedlichen Figuren und Szenen nicht unähnlich ist. Das ist faszinierend und fordernd zugleich, vor allem dann, wenn weder Zeit noch Personen geläufig sind. Wer dran bleibt, bekommt mit der Lektüre auch eine unterhaltsame Geschichtsstunde.
Hans Pleschinski: Der Flakon, C.H.Beck, 26 Euro.
Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt.